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Manchmal sind Trennungen kein Ende, sondern eine Neuordnung des Lebens. Besonders wenn neue Parner gefunden werden und eine sogenannte Patchwork Familie entsteht. Doch gelten hier ganz besonders wichtige Regeln. Genau darum geht es in meinem Artikel über das „Patchwork“.
In meiner Praxis kam vor einiger Zeit ein Paar, das genau an diesem Punkt stand. Beide Mitte 40, erfolgreich im Beruf, finanziell sicher, mit einem gewachsenen Freundeskreis und zwei Kindern – zehn und dreizehn Jahre alt. Nach außen schien alles stabil. Doch innen war etwas zerbrochen.
Sie sprachen von Dauerstreit, kleinen Sticheleien, Missverständnissen, die sich über Jahre aufgestaut hatten. Und gleichzeitig von einer tiefen Vertrautheit, die sie nie ganz losließ. Es war nicht der große Knall, der sie zu mir führte, sondern das stille Erkennen: So geht es nicht mehr weiter.
Nach einigen Sitzungen war klar – sie wollten sich trennen. Aber nicht voneinander als Eltern.
Die Entscheidung fiel nicht leicht, doch sie war ehrlich. Sie beschlossen, ihre Energie künftig in eine respektvolle Elternschaft zu investieren, statt weiter in eine erschöpfte Partnerschaft. In vier weiteren Gesprächen begleiteten wir diesen Übergang – von „Wir als Paar“ zu „Wir als Eltern“.
Wenn Trennung nicht Trennung bedeutet
Die Beziehung endete – die Familie nicht.
Diese Phase ist entscheidend: Wo viele Paare unbewusst Rollen verwechseln, braucht es Bewusstheit und Kommunikation. Alte Verletzungen wollen gewürdigt werden, ohne dass sie die neue Dynamik bestimmen.
Einige Monate später hatten beide neue Partner gefunden.
Er war mit einer jüngeren Frau zusammen, kinderlos, ungebunden, voller Tatendrang.
Sie lernte einen gleichaltrigen Mann kennen – ebenfalls geschieden, mit zwei Kindern aus erster Ehe.
Aus zwei getrennten Systemen wurde langsam ein neues Geflecht: eine Patchwork Familie.
Wenn Welten aufeinandertreffen
Das erste Aufeinandertreffen der beiden Frauen – seiner neuen Partnerin und meiner Klientin – fand zufällig auf einem Dorffest statt.
Ein flüchtiger Blick, ein Moment der Anspannung, ein Lächeln, das nicht ganz echt war.
Nichts wurde gesagt – und doch so viel gesendet.
Später beschrieb meine Klientin ihre Reaktion: Sie fühlte sich übersehen, herabgesetzt, missverstanden.
Nicht, weil die andere Frau tatsächlich etwas Kränkendes getan hatte, sondern weil sie in ihr Kind-Ich gerutscht war – dieser innere Anteil, der sich schnell verletzt fühlt, wenn alte Unsicherheiten getriggert werden.
Statt einfach bei der Wahrnehmung zu bleiben („Ich habe gesehen, dass sie wegschaute“), begann sofort das innere Interpretieren („Sie mag mich nicht“).
Solche Momente sind typisch in Patchwork-Familien:
Nicht das Offensichtliche sorgt für Konflikte, sondern die unbewussten inneren Muster.
Die Transaktionsanalyse hilft hier zu verstehen, aus welchem Ich-Zustand wir gerade handeln – dem Eltern-Ich, dem Erwachsenen-Ich oder dem Kind-Ich.
Wenn einer bewertet, der andere trotzt und keiner wirklich hört, entsteht Spannung, noch bevor ein Wort gefallen ist.
Patchwork Familie bedeutet mehr als Zusammenziehen
Eine Patchwork Familie ist kein Puzzle, das man einfach zusammensetzt.
Es ist ein lebendes System aus alten Bindungen, neuen Erwartungen und vielen unausgesprochenen Gefühlen.
Für das Gelingen braucht es drei Dinge: Offenheit, Angstfreiheit und Zeit.
Offenheit, um das Alte nicht abzuwerten, sondern als Teil der Geschichte anzuerkennen.
Angstfreiheit, um ehrlich über Unsicherheiten zu sprechen, ohne Scham.
Und Zeit, um Vertrauen wachsen zu lassen – zwischen Erwachsenen, Kindern und neuen Partnern gleichermaßen.
Wenn Kommunikation in der Patchwork-Familie zur neuen Kunst wird
Eine Patchwork Familie fordert emotionale Reife. Nicht, weil Liebe hier komplizierter wäre – sondern weil mehr Menschen, mehr Geschichten und mehr Bedürfnisse aufeinandertreffen.
Alte Kränkungen aus der früheren Beziehung, Unsicherheiten neuer Partner:innen und unausgesprochene Erwartungen können wie unsichtbare Fäden wirken. Wer sie erkennt, kann das neue Miteinander bewusst gestalten.
1. Kommunikation auf Erwachsenenniveau – kein Luxus, sondern Notwendigkeit
Viele Konflikte in Patchwork Beziehungen entstehen, wenn einer noch aus seinem Kind-Ich oder Eltern-Ich spricht.
Das zeigt sich leise: im genervten Tonfall, in Rechtfertigungen oder im Bedürfnis, Kontrolle zu behalten.
Das Erwachsenen-Ich dagegen reagiert klar, respektvoll und lösungsorientiert.
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Nach einer schwierigen Situation zwischen den neuen Partnerinnen bat ich meinen Klienten, seiner Ex-Partnerin nicht mit alten Mustern zu begegnen, sondern als Mit-Elternteil.
Ein Satz wie „Ich will vermeiden, dass die Kinder Spannungen spüren“ öffnet Räume, wo vorher Mauern standen.
Das klingt einfach – ist aber ein Lernprozess.
Kommunikation auf Erwachsenenniveau bedeutet: Gefühle anerkennen, ohne sie zur Waffe zu machen. Verantwortung übernehmen, ohne Schuld zu verteilen.
Hier findest Du einen wichtigen Artikel zum Thema „Kommunikation Verbesserung der Beziehung„
2. Grenzen und Zuständigkeiten – wer spricht wann, wofür und mit wem?
Ein häufiger Stolperstein in Patchwork Familien ist das Vermischen von Zuständigkeiten.
Wer entscheidet über den Schulwechsel?
Wer darf bei Konflikten zwischen Kind und neuem Partner eingreifen?
Solche Fragen sollten nicht in spontanen Momenten entstehen, sondern vorher geklärt werden.
Ein einfacher Leitgedanke:
Eltern bleiben die Eltern. Neue Partner ergänzen, ersetzen aber nicht.
Das schafft Orientierung und schützt vor Konkurrenz.
Und doch: Jede neue Partnerschaft braucht Eigenraum.
Wer zu sehr Rücksicht nimmt, verliert oft seine Authentizität.
Wer zu sehr abgrenzt, verhindert Nähe.
Patchwork gelingt dort, wo Grenzen als Orientierung und nicht als Mauer verstanden werden.
3. Emotionale Ehrlichkeit statt harmonischer Fassade
In vielen Patchwork-Familien soll alles „richtig“ laufen – vor allem für die Kinder.
Doch der Versuch, immer harmonisch zu wirken, überdeckt nur, was ohnehin sichtbar ist: Unsicherheiten, Eifersucht, Angst vor Zurückweisung.
Statt Perfektion braucht es Echtheit.
Ein Gespräch wie:
„Ich merke, dass ich unsicher werde, wenn du über deine Ex sprichst. Ich will das verstehen, nicht kritisieren.“
ist wertvoller als hundert höfliche Floskeln.
Offenheit schafft Verbindung.
Ehrlichkeit entlastet.
4. Achtsame Sprache im Patchwork-Familien-Alltag
Worte sind in neuen Familienkonstellationen, besonders in der Patchwork Familie, oft die Brücke – oder das Messer.
„Deine Kinder“ oder „meine Kinder“ klingt anders als „unsere Kinder in dieser Woche“.
Auch kleine sprachliche Verschiebungen können viel Frieden stiften.
Ich empfehle Paaren, in heiklen Momenten kurz zu prüfen:
- Will ich gerade Recht haben oder verstanden werden?
- Spreche ich über die Situation oder über die Person?
Diese Mini-Pausen sind Training für das Erwachsenen-Ich.
Sie helfen, bevor alte Muster übernehmen.
5. Vertrauen wächst, wenn niemand sich beweisen muss
Patchwork Familien sind oft geprägt von einem stillen Wettbewerb um Zugehörigkeit:
Die neue Partnerin will zeigen, dass sie gut mit den Kindern kann.
Der Vater möchte beweisen, dass er beiden Familien gerecht wird.
Die Ex-Partnerin will nicht abgewertet werden.
Dabei entsteht Druck – und Druck verhindert Vertrauen.
Der Weg zurück zur Leichtigkeit beginnt dort, wo Menschen nicht mehr kämpfen müssen, um gesehen zu werden.
Wenn Du jetzt den Eindruck hast, das euch bei der entstehung eines Patchwork eine professionelle Unterstützung gut tun würde:
jetzt Erstgespräch vereinbaren6. Wenn alte Wunden neue Situationen färben
Manche Reaktionen im Patchwork stammen nicht aus der Gegenwart, sondern aus der Vergangenheit.
Eine spitze Bemerkung kann eine alte Verletzung aktivieren – besonders, wenn sie unbewusst bleibt.
In meinen Sitzungen hilft es, diese Muster sichtbar zu machen:
„Was genau löst das in mir aus? Und: Gehört es wirklich zum Heute?“
Hier zeigt sich, wie wirkungsvoll die Transaktionsanalyse ist.
Sie macht deutlich, wer in uns gerade spricht – und erlaubt, die Verantwortung zurück ins Erwachsenen-Ich zu holen.
So wird Kommunikation wieder lenkbar.
7. Patchwork Familie – Wenn zwei Systeme verschmelzen – braucht es neue Rituale
Patchwork Familien profitieren von klaren, gemeinsamen Strukturen.
Nicht als starre Regeln, sondern als Orientierung:
ein wöchentlicher Austausch über Termine, eine offene Feedback-Runde, vielleicht auch mal ein gemeinsames Essen aller Beteiligten.
Diese kleinen Rituale fördern Sicherheit – für Kinder ebenso wie für Erwachsene.
Sie zeigen: Wir gestalten bewusst, nicht zufällig.
Schlußgedanke: Patchwork Familie bedeutet Reife – nicht Perfektion
Eine Patchwork Familie ist kein Zufallsprodukt, sondern ein bewusster Akt der Beziehungspflege.
Sie fordert mehr Reflexion, mehr Kommunikation, mehr Selbstverantwortung – und schenkt im Gegenzug tiefere Verbindung.
Wenn alte Verletzungen, neue Dynamiken und die Liebe zu den Kindern in Balance kommen, entsteht etwas, das viele gar nicht erwarten: Ruhe.
Nicht die Stille des Rückzugs, sondern die Ruhe, die wächst, wenn alle ihren Platz gefunden haben.
Professionelle Unterstützung für Patchwork-Paare
Manchmal reichen gute Absichten nicht aus, um neue Wege wirklich zu leben.
Gerade in komplexen Familiensystemen hilft ein neutraler Blick von außen.
Im Rahmen meiner Ehe- und Paarberatung im KPP-Mentoring®-Programm begleite ich Paare, die ihre Kommunikation, ihre Rollen und ihre Verbindung neu ordnen möchten – ob in bestehender Partnerschaft oder nach einer Trennung.
Eure Beziehung darf wachsen – auch im Patchwork.
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