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Wir leben in einer Welt, in der Anstrengung als Beweis für Wert gilt. In der Transaktionsanalyse ist der zweite Antreibermodus „Streng dich an!“ – ein Satz, der vielen von uns so vertraut ist wie das eigene Atmen. Schon als Kinder lernen wir: Wer sich nicht müht, zählt nicht. Doch irgendwann kippt die Balance. Dann wird Anstrengung nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern Selbstzweck.

Der Antreibermodus „Streng dich an“ ist Teil der Transaktionsanalyse von Eric Berné und wirkt wie ein unsichtbarer Motor. Er treibt dich an, weiterzumachen – auch wenn längst kein Benzin mehr im Tank ist. Viele meiner Klientinnen und Klienten kennen genau das: Sie leisten über das Maß hinaus, fühlen sich leer, aber können nicht aufhören. Der Glaube „Nur wer sich plagt, ist etwas wert“ sitzt tief.

Der Antreibermodus „Streng Dich an“ – Das Hamsterrad der Überanstrengung

Menschen, die im Streng-dich-an-Modus leben, leisten oft mehr, als gesund ist. Sie übernehmen Verantwortung, halten durch, erledigen Aufgaben bis spät in die Nacht – und wundern sich, warum ihnen die Freude abhandenkommt. Leistung wird zum Dauerlauf ohne Ziel.

Ein Paar aus meiner Beratung war das perfekte Beispiel: Beide führten ein eigenes Unternehmen, arbeiteten Seite an Seite – und verloren dabei den Blick füreinander. Die Tage begannen um fünf Uhr morgens, Pausen waren Luxus. Selbst Liebe wurde zur Aufgabe, die „richtig“ erledigt werden musste. Im Gespräch sagten sie: „Wenn ich mich entspanne, habe ich ein schlechtes Gewissen.“ – „Dann fühle ich mich faul.“
Zwei Sätze, die viel über diesen Antreiber verraten: Er duldet keine Pause.

Woher kommt der Antreibermodus „Streng dich an“?

Seine Wurzeln liegen oft in der Kindheit. Viele haben gelernt, dass Anerkennung an Leistung geknüpft ist. Vielleicht hieß es zu Hause: „Wenn du dich mehr anstrengst, klappt das schon.“ Manche meiner Klienten berichten auch von den Vergleichen die angestellt wurden „Der Peter kann das viel besser als Du, gib Dir mal mehr Mühe“. Manchmal findet dieser Vergleich suptil im eigenen Familienkreis statt, wenn nämlich dem einen Kind gesagt wird das daß Geschwisterkind die Aufgabe doch viel besser kann. Und hier zeigt sich auch diese heimliche „Hinterhältigkeit“. Die Eltern möchten ihr Kind eigentlich nur davon überzeugen etwas mehr Leistung zu bringen, damit es später im Leben leichter hat. Doch je nachdem welche Persönlichkeit (ängstlich, vermeidend, rückzugsverhalten) beim Kind vorherscht, kann sich der Antreibermodus Streng dich an zu einem „Erwachsenen Monster“ ausprägen. So wurde im Elternhaus Leistung gleichbedeutend mit Liebesbeweis. Glaubenssätze wie, „Nur harte Arbeit zählt“ oder „wenn ich nur gut genug bin, dann tauge ich auch!“ brennen sich tief ein.

In der Transaktionsanalyse spricht man hier von einem Antreibermodus, der aus dem Eltern-Ich gespeist wird – einer inneren Stimme, die alte Botschaften wiederholt. Sie will schützen, engt jedoch ein. Aus „Gib dein Bestes“ wird „Du darfst nie aufhören“.

Auch ich kenne diesen Mechanismus. Während meiner Studienzeit saß ich nächtelang über Bücher, fest überzeugt, nur mit maximalem Einsatz gut zu sein. Erst als mein Körper mit Kopfschmerzen rebellierte, begriff ich: Dauerleistung ist keine Tugend, sondern eine Warnlampe.

Die Schattenseiten der Dauerleistung

Der „Streng dich an“-Antreiber gaukelt Kontrolle vor, während er in Wahrheit Freiheit kostet. Er verführt dazu, Anstrengung über Sinn zu stellen. Statt zu fragen „Wofür tue ich das?“, zählt nur noch, dass man es tut.

Doch Energie, die ohne Sinn fließt, versiegt. Chronischer Stress, Spannungskopfschmerzen, Schlaflosigkeit – typische Folgen eines überdrehten Systems. Auch Beziehungen leiden: Wer immer kämpft, vergisst das Genießen.

Ich erlebe das häufig in meinen Coachings. Menschen, die grundsätzlich erfolgreich sind, fühlen sich häufig innerlich leer. Der Motor läuft – aber scheinbar sitzt niemand mehr am Steuer. Und genau hier beginnt Veränderung: beim Bewusstwerden.

Raus aus dem Zwang zur Anstrengung

Wer den Antreibermodus „Streng-dich-an“ in sich trägt, verwechselt oft Fleiß mit Wert. Doch dieser Modus sabotiert langfristig die Motivation. Statt dich ständig zu beweisen, darfst du lernen, sinnvoll zu handeln.

Ein erster Schritt: Ziele prüfen. Frag dich ehrlich, warum du dich anstrengst. Dient dein Einsatz einem echten Herzensziel oder bloß dem alten Reflex, genügen zu müssen? Nur wenn du Sinn erkennst, wird Leistung nachhaltig.

Zweitens: Prioritäten setzen. Nicht jede Aufgabe verdient dieselbe Energie. Lerne, zu gewichten. Gib dein Bestes dort, wo es zählt – und lass los, wo Perfektion bloß Angst kaschiert.

Drittens: Pausen planen. Sie sind kein Luxus, sondern Teil der Leistung. Dein Körper braucht Regeneration, dein Geist Stille. Gönn dir kleine Unterbrechungen, selbst mitten im Tag.

Viertens: Freude kultivieren. Wer spielt, bleibt lebendig. Nimm dir Raum für Spontaneität – beim Wandern, Musizieren oder Kochen. Leistung verliert ihre Schwere, wenn sie mit Leichtigkeit gepaart ist.

Und fünftens: Hilfe zulassen. Nicht alles allein zu stemmen, ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Zusammenarbeit schafft Verbindung – und senkt Druck.

Anstrengung und Beziehung – zwei unterschiedliche Systeme im Antreibermodus Streng Dich an

Das Bild der beiden Sportler als Sinnbild für den Antreibermodus Streng Dich an in Beziehungen.

In Partnerschaften wirkt der Antreibermodus Streng-dich-an besonders tückisch. Was im Beruf geschätzt wird, zerstört im Privaten Nähe. Viele Paare führen ihre Beziehung wie ein Projekt: Aufgabenlisten, Termine, Optimierung. Doch Liebe lässt sich nicht managen.

Wenn du spürst, dass Gespräche nur noch um Pflichten kreisen, halte inne. Plane keine Perfektion – plane Begegnung. Ein Spaziergang ohne Agenda, ein Abend ohne Ziel, ein ehrliches Gespräch ohne Lösungserwartung. So entsteht wieder Raum für Zärtlichkeit.

Ein Klient sagte einmal: „Ich wollte meine Frau glücklich machen – und habe dabei vergessen, einfach bei ihr zu sein.“
Genau hier liegt der Kern: Nicht mehr tun, sondern bewusster da sein.

Disziplin oder Antreiber – der feine Unterschied

Disziplin ist kein Feind. Sie ist Fokus, nicht Zwang. Wenn du dich einer Sache hingibst, weil sie dich erfüllt, fühlt sich Anstrengung gut an. Du bist im Flow, verlierst das Zeitgefühl.
Der Antreiber hingegen drängt: Er duldet keine Pause, kein Unvollkommen-Sein.

Die Kunst liegt darin, zu unterscheiden: Tue ich das aus Freude – oder aus Angst, nicht genug zu sein?
Wenn du diese Frage ehrlich beantworten kannst, beginnt Freiheit.

Vom Burnout zur Balance

Auch ich habe gelernt, dass übertriebene Anstrengung ihren Preis hat. Ein Sommer, ein Teichprojekt, zwölf Stunden körperlicher Arbeit – und am nächsten Tag Rückenschmerzen, die mich lahmlegten. Heute weiß ich: Erfolg misst sich nicht an Geschwindigkeit, sondern an Bewusstheit.

Ich teile diese Geschichte, weil sie zeigt: Pausen sind kein Stillstand. Sie sind Teil des Prozesses. Oft kommt Klarheit erst, wenn man kurz innehält.

Mikropausen – kleine Unterbrechungen, große Wirkung

Erholung beginnt nicht erst im Urlaub. Schon wenige Atemzüge können dein Nervensystem beruhigen:

  • Atmen: Drei tiefe Atemzüge in den Bauch, senken den Stresspegel.
  • Bewegen: Eine Minute Aufstehen, Strecken, Fensterblick – dein Kreislauf dankt es dir.
  • Gedanken stoppen: Sag laut „Stopp“, wenn dein Kopf rotiert, und richte den Blick auf etwas Schönes.

Diese Mikro-Rituale klingen banal, wirken aber tief. Sie holen dich ins Jetzt.

Wege zu nachhaltiger Leistung

Wenn du merkst, dass dich der „Streng-dich-an“-Antreiber fest im Griff hat, probiere Folgendes:

  • Ressourcenliste erstellen: Notiere, was dir Energie schenkt – Musik, Sport, Gespräche, Natur.
  • Erfolg neu definieren: Erlaube Dir auch Lernmomente und Pausen als Erfolge zu verbuchen.
  • Delegieren üben: Gib Kontrolle ab, Schritt für Schritt. So wächst Vertrauen – in andere und in dich.

Anstrengung darf bleiben – aber sie soll dich nicht beherrschen. Disziplin und Selbstfürsorge gehören zusammen. Nur so entsteht echte Balance.

Schlussgedanke zum Antreibermodus Streng Dich an – Mühe mit Sinn

Der Antreibermodus „Streng dich an“ kann enorme Energie freisetzen. Doch ohne Bewusstsein wird er zum Käfig. Finde die Balance zwischen Einsatz und Gelassenheit.
Frag dich immer wieder: Wofür lohnt sich meine Mühe wirklich?

Wenn du spürst, dass du nur noch funktionierst, dann ist das kein Scheitern – sondern ein Signal. Zeit, den inneren Druck zu hinterfragen.


👉 Die grundsätzliche Info über die Transaktionsanalyse findest du hier


FAQ – Antreibermodus „Streng dich an“

Was bedeutet der Antreibermodus „Streng dich an“ in der Transaktionsanalyse?

Der Antreibermodus „Streng dich an“ beschreibt ein inneres Programm, das Menschen dazu bringt, ständig mehr zu leisten, als notwendig ist. Es stammt meist aus frühen Erfahrungen, in denen Anerkennung an Anstrengung gekoppelt war.

Wie erkenne ich, ob ich vom „Streng dich an“-Antreiber gesteuert werde?

Wenn dich selbst in Ruhephasen dein Gewissen plagt oder du glaubst, nur durch Leistung wertvoll zu sein, ist das ein deutliches Zeichen. Auch körperliche Anspannung, Erschöpfung oder die Angst, das andere besser sind als Du, weisen auf diesen Antreiber hin.

Wie kann ich den „Streng dich an“-Antreiber auflösen?

Gar nicht! Aber indem du beginnst, Sinn über Anstrengung zu stellen kannst Du ihn minimieren. Hinterfrage, wofür du dich mühst, erlaube dir Pausen und erkenne Erfolge auch ohne Überleistung. Coaching oder Transaktionsanalyse hilft, alte Glaubenssätze zu lösen.

Was unterscheidet Disziplin von übermäßiger Anstrengung?

Disziplin entsteht aus innerer Motivation – sie fühlt sich stimmig an. Der Antreiber hingegen entsteht aus Druck und Angst, nicht genug zu sein. Der Unterschied liegt im Gefühl: Freude steht gegen Zwang.

Wie beeinflusst der Antreibermodus Beziehungen?

Paare im „Streng dich an“-Modus behandeln ihre Beziehung oft wie ein Projekt. Unbewusster Konkurenzdruck lässt Distanz wachsen. Nähe entsteht aber nicht durch Mühe, sondern durch Präsenz. Wenn du loslässt, schaffst du Raum für echte Begegnung.

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