Vielleicht geht es gar nicht darum, Kinder zu erziehen: Warum Begleiten oft der bessere Weg ist
Vielleicht stellst du dir gerade die Frage, wie du dein Kind am besten unterstützen kannst, ohne ständig Grenzen setzen oder kontrollieren zu müssen. In diesem Artikel erfährst du, warum Begleiten oft wirksamer als Erziehen ist und wie du durch Vertrauen und Offenheit eine tiefe Verbindung zu deinem Kind aufbauen kannst.
Was bedeutet eigentlich „erziehen“?
Vielleicht müssen wir erst einmal innehalten und darüber nachdenken, was es wirklich heißt, ein guter Vater oder eine gute Mutter zu sein. Geht es darum, Kindern ständig zu sagen, was sie tun sollen? Oder ist es wichtiger, mit ihnen eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen?
Kinder sind keine Projekte oder Gegenstände, die wir formen müssen. Sie sind eigenständige Menschen, die Schritt für Schritt entdecken, wer sie sind. Unsere Aufgabe ist es, sie dabei zu begleiten ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Anstatt zu bestimmen, wer sie werden sollen. Denn das führt in der Regel zu unbewusster übertragung der eigenen Persönlichkeit aufs Kind
Kinder brauchen keine perfekten Eltern – sie brauchen Menschen die begleiten und anleiten.
Warum Fragen oft wichtiger sind als Antworten
Hast du schon einmal bemerkt, dass Kinder Fragen stellen, ohne unbedingt eine Antwort zu erwarten? Häufig wollen sie einfach nur gemeinsam staunen und neugierig sein. Sie suchen nach jemandem, der gemeinsam mit ihnen die Welt entdeckt und Fragen stellt.
Wann hast du zuletzt einfach nur mitgefragt, ohne direkt Antworten zu liefern?
Kinder denken nicht in richtig oder falsch, sondern in Möglichkeiten.
Während Erwachsene schnell in Kategorien und Schubladen denken, bleiben Kinder offen und neugierig. Begleiten bedeutet, diese Offenheit zu bewahren und zu respektieren.
Kinder bauen keine Mauern – sie bauen Welten
Als ich ein Kind war, habe ich im Wald hinter unserem Haus mit meinen Freunden Hütten gebaut. Es gab keinen Plan, nur unsere Fantasie. Die Hütten waren krumm und schief – doch sie waren unsere Welten.
Letzte Woche ging ich durch den kleinen Wald hinter unserem heutigen Wohnhaus. Dort stand eine Hütte. Wie damals, genauso liebevoll und phantasievoll. Gebaut von Kinderhand. Mit einem durch Stöcke eingefassten Zuweg. Hinter dem „Haus“ befand sich ein kleiner mit Moos eingefasster Bereich, wie eine Terasse mit einer symbolisierten „Feuerstelle“. Ich fühlte mich sofort an meine Kindheit erinnert. Ich spürte wieder diese Lebendigkeit. Diese Vorstellung von Leben, so wie Kinder sich in ihrer Welt einrichten. In diesem Moment wurde mir klar: Diese kindliche Fantasie ist mehr als ein Spiel. Sie hilft uns im Leben, fördert Kreativität, Problemlösungen und Freude.
Wenn Erwachsene das zulassen.
Warum vergessen wir Erwachsenen oft, wie wichtig Fantasie und Spielen sind? Warum nehmen wir uns nicht öfter Zeit, mit unseren Kindern in ihre Welten einzutauchen und gemeinsam Neues zu entdecken? Anstatt immer nur vorzugeben wie das Leben funktioniert. Was wäre, wenn wir mal wieder etwas von der Phantsie der Kids annehmen.
Ich bin mir sicher, das dann vielmehr Freude und Lebendigkeit auch in die Partnerschaften einziehen würde.
Wann geben wir Kindern diese wichtigen Freiräume?
- Räume zum Ausprobieren
- Räume, in denen sie nicht bewertet werden
- Räume, in denen sie einfach sie selbst sein dürfen
- Räume, in denen Fehler erlaubt sind und Wachstum stattfinden kann
Wenn Erwachsene durch begleiten wieder staunen lernen
Ich erinnere mich an ein Paar, das bei mir in der Beratung war. Der Mann war ordentlich und kontrolliert, seine Partnerin offen und suchte nach Veränderungen. Ich schlug ihm vor, einmal ohne Plan mit seinen Kindern zu spielen und sie entscheiden zu lassen. Mein Gedanke war, ihn aus seiner Starrheit des erlernten „kleinen Professors“ ,der er war, raus zu holen. Ihm wieder Möglichkeiten zu eröffnen seine weiche Seite zu leben. Diese hatte er zweifellos. Hatte er diese doch in der Sitzung ganz kurz gezeigt. Er war sehr skeptisch doch leider erschien er nicht mehr bei mir.
Einige Monate später erzählte mir seine Frau begeistert: Er hatte meinen Vorschlag umgesetzt. Seitdem wirkte er viel entspannter, und das ganze Familienleben hatte sich verbessert.
In meiner Praxis erlebe ich oft, wie schwer es Erwachsenen fällt, die Kontrolle abzugeben. Doch genau darin liegt häufig der Schlüssel für eine glücklichere Familie.

Wie oft verhindern wir Nähe und Verbundenheit, weil wir unbedingt die Kontrolle behalten wollen?
Beziehung statt Regeln
Familienleben besteht oft aus zahlreichen Regeln und Abläufen. Echte Nähe und Verbindung entstehen jedoch meist jenseits dieser Regeln:
- Wenn wir gemeinsam lachen
- Wenn wir Fehler zulassen und daraus lernen
- Wenn wir nicht sofort reagieren, sondern zuhören
- Wenn wir einfach füreinander da sind
- Wenn wir uns Zeit nehmen, präsent zu sein
Das bedeutet nicht, das Regeln nicht notwendig wären. Doch sollten diese so definiert werden, das Kinder sie greifen können. Kinder lernen nicht hauptsächlich durch Worte, sondern durch Erfahrungen und Gefühle. Diese übertragungen aus dem „ich weiß wie das Leben funktioniert, deshalb richte dich danach!“ ist für Kinder nicht wirklich förderlich. Sie brauchen Eltern, die sie begleiten und unterstützen, anstatt ständig Anweisungen zu geben. Sie brauchen Eltern die Antworten geben, wenn das Kind wirklich welche benötigt. Sie brauchen Eltern die es verstehen durch begleiten, sanft zu „erziehen“.
Was Kinder uns lehren können
Manche Kinder stolpern nicht – sie tanzen irgendwie nur anders. Häufig wollen wir sofort korrigieren, anstatt innezuhalten und zuzusehen. Kinder zeigen uns, dass das Leben nicht perfekt geplant sein muss. Sie schenken uns neue Perspektiven und frische Gedanken, die wir längst vergessen haben.
Frage dich: Welche besonderen Gedanken hat dein Kind dir heute schon geschenkt?
Kinder erinnern uns:
- An das Staunen
- An die Freude am Spielen
- An das Leben im Hier und Jetzt
- An den Wert kleiner Momente
- An die Freude an einfachen Dingen
Partnerschaft und Elternsein hängen zusammen
In meiner Arbeit mit Paaren erlebe ich oft, wie stark sich die Art und Weise, wie Eltern mit ihren Kindern umgehen, auf die Paarbeziehung auswirkt – und umgekehrt. Sind Eltern zu streng und kontrolliert, spüren Kinder diesen Druck. Werden Eltern lockerer und spielerischer, entspannt sich auch die Beziehung zu den Kindern.
Ein gesundes Familienleben beginnt bei einer starken Partnerschaft. Es ist wichtig, als Eltern bewusst Zeit miteinander zu verbringen, sich auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu finden. Denn was Eltern miteinander erleben, prägt nachhaltig auch die Kinder. Das erziehen der Kinder führt auch zu Konfliktpotenzialen. Beginnen Eltern ihre Kinder zu begleiten, sie zu leiten und zu führen entfallen diese Konfliktpotentiale.
Die Beziehung der Eltern zueinander beeinflusst maßgeblich die Kinder.
Warum Loslassen das größte Geschenk beim begleiten ist
Es erfordert Mut, nicht ständig alles kontrollieren zu wollen. Doch genau darin liegt das Geheimnis für Vertrauen, echte Nähe und Wachstum.
Vielleicht sollten Eltern nicht fragen: „Wie erziehe ich richtig?“, sondern:
Bin ich bereit, einfach da zu sein?
Nicht als perfekte Mutter oder perfekter Vater, sondern als echter Mensch – mit offenen Fragen, Augen und Herzen.
Loslassen bedeutet nicht Gleichgültigkeit. Es bedeutet, dem Kind Vertrauen zu schenken und es seinen eigenen Weg gehen zu lassen.
Impulse für den Alltag: „Elterncoaching – Fragen für mehr Leichtigkeit“
- Wo versuchst du dein Kind noch zu formen, anstatt es zu begleiten?
- Wo könntest du heute mehr Fantasie zulassen?
- Wann hast du zuletzt einfach mit deinem Kind gespielt?
- Wie oft korrigierst du dein Kind, statt es liebevoll zu beobachten?
- Wie kannst du heute bewusst mehr Nähe und Vertrauen aufbauen?
Eltern sein heißt, gemeinsam wachsen
Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern Begleiter, die mit ihnen wachsen und lernen. Wenn wir uns selbst und unsere Verhaltensmuster reflektieren, kann sich die ganze Familie positiv weiterentwickeln. Jede Herausforderung birgt die Chance, gemeinsam zu wachsen.
Fazit: Vielleicht geht es gar nicht um das Erziehen
Kinder werden nicht durch vorgefertigte Antworten stark, sondern durch Erwachsene, die gemeinsam mit ihnen Fragen stellen. Menschen, die bereit sind, Unsicherheiten auszuhalten und sich immer wieder neu zu entdecken.
Denn Kinder brauchen vor allem echte Begegnungen – und genau das macht Elternsein zu einer einzigartigen und wunderbaren Reise. Beginne mehr positiv zu denken als in vordefinierten Regeln.
Fange mehr an zu begleiten statt zu erziehen.
Hinterlasse gerne einen Kommentar, wie du mit diesen Themen umgehst. Vielleicht hast du auch eine andere Sicht? Auch das würde mich interessieren.
Sei mutig,
sei neugierig.
Ich freue mich drauf. ⬇️