Der Einstieg in die Zukunft über ein Verzeihen-Ritual?
Die Bitte um Verzeihung als Weg aus den partnerschaftlichen Bewertungen
Nach Streitsituationen bleibt meist ein Unbehagen bei einem oder beiden von euch haften. Je weniger ihr über diese Gefühle sprecht, desto größer wird das Unbehagen. Das kann so weit gehen, dass du deinen Partner, zumindest im inneren Dialog, fast nur noch negativ bewertest.
Die Krise hinterlässt Spuren!
Wenn es so weit gekommen ist und ihr euch einig seid, dass es so nicht weitergehen kann, kann es sinnvoll sein, über ein Verzeihen-Ritual nachzudenken.
„Der Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft des Starken.“
(Mahatma Gandhi)
Grundlage für jede Art der Verzeihung ist, dass ihr beide bereit seid, sowohl zu verzeihen als auch die Bitte um Verzeihung auszusprechen. Und zwar von ganzem Herzen – vielleicht in einem kleinen Verzeihen-Ritual.
Ein lapidar dahingesagtes „Ja, entschuldige“ mit einem genervten Unterton oder „Ja, dann entschuldige ich mich halt…“ wird bei deinem Partner nicht wirklich ankommen.
Die Vorteile des Verzeihen-Rituals
Daher ist es sinnvoll, dass sich der Groll gegen die Situation oder den Partner erst etwas gelegt hat. So gibst du dir selbst die Möglichkeit, die Situation und dein Verhalten zu reflektieren.
Dann wird es dir über den Einstieg in das Verzeihen-Ritual viel leichter fallen zu sagen:
„Mir ist bewusst geworden, dass ich mich in der Situation XY dir gegenüber nicht gut verhalten habe. Ich kann auch gut verstehen, dass ich dich mit meinem Verhalten oder meiner Ausdrucksweise verletzt habe. Daher möchte ich dich um Verzeihung bitten.“
Ein weiterer Vorteil, wenn die Bitte um Verzeihung erst nach einer gewissen Zeit des Nachdenkens ausgesprochen wird, ist, dass dein Partner dann viel eher bereit sein wird, diese Bitte auch anzunehmen.
In vielen Paarsituationen erlebe ich, dass aufgrund tiefer Verletzungen Teufelskreise entstehen, die dazu führen, dass die Verletzungen durch dauerhaft bestehende Krisen immer tiefer werden.
Im Folgenden beschreibe ich dir ein kleines Verzeihen-Ritual, das genau in solchen Situationen angewendet werden kann. Ziel ist es, dass die Vergangenheit besiegelt wird und nicht mehr zwischen euch steht.
Mach dir bewusst, dass es nicht darum geht, im Detail nach allen Situationen zu suchen, in denen es zu Verletzungen gekommen ist. Vieles ist dem Partner vielleicht gar nicht mehr bewusst, während du selbst noch einiges präsent hast. Mit dem Abschluss des Rituals ist es wichtig zu lernen, dass die Themen der Vergangenheit akzeptiert und abgeschlossen werden, da sie nicht mehr veränderbar sind.
Daher ist es hilfreich, sich auf maximal fünf Themen oder Punkte zu einigen.
Vorbereitung zum Verzeihen-Ritual
Nimm dir ein Blatt Papier und einen Stift. Ein feuerfestes Gefäß und ein Feuerzeug oder Streichhölzer sind ebenfalls sinnvoll. Unabdingbar ist eine ruhige und vertrauensvolle Umgebung.
Jetzt macht sich jeder von euch Gedanken darüber, wodurch er den anderen verletzt haben könnte. Das können Worte oder Handlungen gewesen sein.
Manchmal kann schon das laute Zuschlagen einer Tür verletzend wirken, genauso wie gegenseitiges Anschreien, Respektlosigkeiten oder verbale Kraftausdrücke und Beschimpfungen.
Körperliche Gewalt gehört ebenfalls dazu, ist jedoch ein gesondertes Thema. Diese Taten zu verzeihen, erfordert nicht nur ein Aussprechen, sondern auch eine tiefere Reflexion des Täters sowie häufig ein Coaching oder eine Therapie, damit der Partner die Ernsthaftigkeit dieser Verzeihensgeste annehmen kann und Vertrauen entstehen kann, dass es nicht wieder passiert.
Eine der größten Verletzungen neben Gewalt ist das Fremdgehen. Auch hier braucht der verletzte Partner Zeit, um wieder Stabilität zu erlangen und Vertrauen aufzubauen. Dieser Vertrauensaufbau kann durch ein entsprechendes Coaching mit beiden Partnern unterstützt werden.
Ausführung des Verzeihen-Rituals
Nachdem ihr euch Gedanken darüber gemacht habt, wodurch ihr euch gegenseitig verletzt habt, notiert ihr diese Punkte auf einem Blatt Papier. Diese Notiz ist wichtig für das Ritual und sollte möglichst von Hand geschrieben werden.
Einigt euch auch auf ein Zeitfenster, bis wann die Themenfindung abgeschlossen sein soll – das können ein paar Stunden sein, aber auch bis zu einer Woche dauern.
Zum vereinbarten Zeitpunkt trefft ihr euch an einem ruhigen Ort, gern auch einem neutralen Ort, um Abstand vom „Kriegsschauplatz“ zu schaffen.
Nun stellt ihr euch auf Armlänge gegenüber und legt vorher fest, wer beginnt.
Nutze dabei möglichst folgende Formulierung:
„Mir ist bewusst geworden, dass ich mich in der Situation (XY) dir gegenüber nicht gut verhalten habe. Ich kann auch gut verstehen, dass ich dich mit meinem Verhalten (z. B. Anschreien, Türen schlagen, Fremdgehen) oder meiner Ausdrucksweise verletzt habe. Daher möchte ich dich hierfür um Verzeihung bitten.“
Der Partner nimmt dies mit den Worten an:
„Ich danke dir dafür, dass du dir hierzu Gedanken gemacht und dich reflektiert hast. Ich nehme deine Verzeihung an.“
Danach ist der andere Partner an der Reihe und spricht seinen Punkt in gleicher Weise aus. Der andere nimmt auch diese Bitte in den gleichen Worten an.
Dieses Ritual haltet ihr so lange wechselseitig ab, bis alle vereinbarten Punkte (maximal fünf) angesprochen wurden.
Vielleicht spürst du jetzt schon, dass genau diese Art des Abschlusses helfen kann, die Vergangenheit zu besiegeln, damit eure Beziehung heilen und wachsen kann.
Die Emotionen des Verzeihen-Rituals

Nachdem ihr euch alles gesagt habt, nimmt jeder sein Blatt Papier und verbrennt es in dem vorbereiteten Gefäß. Die Asche könnt ihr in der Umgebung verstreuen. Einige Paare berichten mir, dass sie dieses Ritual am Ufer eines Flusses gemacht und die Asche in den Fluss gegeben haben – was oft noch mehr Emotionen weckt.
Zum Abschluss umarmt ihr euch und bleibt noch eine Weile in dieser intensiven Stimmung. Vielleicht flüsterst du deinem Partner etwas Liebevolles ins Ohr und beschließt das Ritual mit einem zarten Kuss?
Ich wünsche dir und euch für eure neue Zukunft einen liebevollen Start.





